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Vinschgerbahn Bahnhof Partschins-Töll

Vinschgerbahn Bahnhof Töll - Baubestand, Bauzustand und Nutzung
Heutiger Baubestand:
Das Aufnahmsgebäude wurde lange Zeit bewohnt und ist deshalb in relativ gutem Zustand. Im Jahr 2003 wurde mit einer Renovierung begonnen. Dabei wurde sowohl das freistehende Toilettenhäuschen als auch die hölzerne Lagerhalle abgebrochen. Diese wurde durch eine neue Lagerhalle mit Betonumfassungswänden und einem Holzdachstuhl für das Satteldach ersetzt. Beide Wassertürme blieben erhalten. Seit 2003 wird an der Anlage des neuen Bahnsteiges mit Beleuchtungsmasten gearbeitet.

Derzeitige Nutzung:
Das Aufnahmsgebäude ist teilweise bewohnt. Im Jahr 2004 fanden Renovierungsarbeiten am Gebäude statt. Der alte Wasserturm wird vom Restaurant „Onkel Taa“ als Teil der Ausstellung zur k.k. Monarchie benutzt. Der neuere Wasserturm ist ungenutzt. Die neue Lagerhalle war 2004 noch nicht ganz fertiggestellt.

Geplante Nutzung:
Auf Beschluss der Südtiroler Landesregierung wurde das Bahnhofsgebäude 2004 der Gemeinde Töll für 30 Jahre zur Nutzung überlassen. Die Gemeinde ist für die Renovierung der Fassaden zuständig, das Land Südtirol für Umbauten und Einbauten des Bahnbetriebs. Das Aufnahmsgebäude wird neben den Fahrscheinautomaten auch einen Warteraum für die Fahrgäste erhalten. Weitere Nutzungen durch die Gemeinde Töll sind derzeit nicht bekannt. Vorgesehen werden soll ein Stützpunkt für den Vinschger Fahrradweg. Der Bahnhof soll einen Anschluß an das Busnetz sowie Stellplätze für Autos, Motor- und Fahrräder erhalten.

Geplante Wiedereröffnung: 05. Mai 2005

Empfehlung des Kuratoriums:
Das Kuratorium für Technische Kulturgüter in Südtirol bemüht sich darum die Zeugnisse der technischen Entwicklung zu erhalten und – wenn möglich – einer neuen Nutzung zuzuführen. Eine rein museale Bewahrung kann nur die ultima ratio sein. Die noch in der k.k. Zeit entstandenen Bahnlinien haben in Südtirol einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung des Landes geleistet. Im Vinschgau ist die Umstellung auf Obst- und Weinwirtschaft mit der entsprechenden Vermarktung nur so möglich gewesen. Der Laaser Marmor konnte mit der Zugfracht eine erfolgreiche Verbreitung erfahren. Der Zustrom der Touristen mit der Entwicklung einer leistungsfähigen Hotellerie und Gastronomie war an die Eröffnung der Vinschgerbahn gebunden. Der einstmals bitterarme Vinschgau konnte einen ungeahnten Aufschwung nehmen. Die Vinschgerbahn und deren charakteristische Bahnhöfe gehören also nicht nur zur Geschichte sondern auch zur Identität der Bewohner des Vinschgau. Das Kuratorium begrüßt ausdrücklich die Wiedereröffnung der Vinschgerbahn. Dies wird nicht nur zur Entlastung des überbordenden Straßenverkehrs sondern auch zur lebendigen Fortführung einer verkehrstechnischen Erfolgsgeschichte führen.
Es gilt insbesondere für die Bahnhöfe neben der sehr reduzierten verkehrstechnischen Nutzung (mehr als ein Warteraum und Platz für die Fahrscheinautomaten ist nicht erforderlich) weitere lebendige Nutzungen zu finden. Es wird auch an die Einrichtung einer „Erinnerungsstrecke“ mit der Dokumentation von interessanten Ausstellungsstücken aus der Entwicklungs- und Betriebszeit der alten Vinschgerbahn gedacht. Entscheidend ist, daß die baulichen Zeugnisse erhalten bleiben und notwendige Veränderungen sensibel durchgeführt werden.
Das Kuratorium begrüßt die Erhaltung des alten Wasserturms durch private Initiative. Die Einrichtung einer Ausstellung über die Geschichte der Vinschger Bahn würde die k.k. Ausstellungsstücke im benachbarten Restaurant „Onkel Taa“ ergänzen und auch für die dortigen Gäste von Interesse sein.

Gesamtbewertung (Prof. Andreas Gottlieb Hempel):
Bei den Bahnhöfen der Vinschgerbahn handelt es sich um ein völlig erhaltenes Ensemble von vierzehn im gleichartigen Stil errichteten Gebäuden bzw. Gebäudegruppen, wenn man die Nebengebäude einbezieht. Die Haltestellen Plaus und Tschars sowie die Gebäude zwischen Holzbrugg und Morter sowie zwischen Spondinig und Prad zählen nicht zu diesem einheitlichen Ensemble: Sie wurden zu einem späteren Zeitpunkt in sehr einfacher Bauweise errichtet und zeichnen sich stilistisch und architektonisch durch keine Besonderheiten aus. Sie bedürfen keines weiteren baulichen Schutzes. Dagegen sind die vierzehn übrigen Bahnhöfe nach einem einheitlichen sehr sorgfältig entwickeltem Funktions- und Gestaltungsmuster entworfen und gebaut worden. Es werden innerhalb dieser einheitlichen Haltung dennoch drei unterschiedliche Typenbahnhöfe erkennbar:
- der kleinere, ausschließlich erdgeschossige Typ1
- der größere Typ 2 mit zweigeschossigem Wohnteil und bisweilen längerem Seitflügel
- die Sondertypen Spondinig-Prad als wichtiger Zwischenbahnhof zum Stilfser Joch und Mals als Endbahnhof.
Alle drei Typen greifen auf ein einheitliches Formenrepertoire zurück: Verputztes Mauerwerk mit Eckrisaliten, Lisenen zwischen den Geschossen und feingegliederten Tür- und Fensterumrandungen. Die zweigeschossigen Wohnteile haben im Obergeschoß eine Fachwerkgliederung und Balkone erhalten. Alle Holzbauteile einschließlich der sichtbaren Dachkonstruktionen sind detailreich und sorgfältig ausgebildet worden. Naturstein kommt nur in den Sockelbereichen und in Teilen der Fassade des Endbahnhofes Mals vor.
Auch die Nebengebäude folgen – trotz unterschiedlicher Größe – einem gleichen Formenkanon. Die Magazine sind immer als Holzkonstruktionen mit senkrechter Verschalung auf Natursteinsockeln ausgeführt. Die kleinen Nebengebäude nehmen die Textur des Hauptgebäudes zurückhaltender auf. Die Wassertürme verbinden verputzte Mauerwerkskonstruktion mit Holzausfachungen.
Stilistisch folgen die Bahnhofsgebäude einer um die Jahrhundertwende beliebten Wohnhausarchitektur großbürgerlicher Provenienz. Sie sollten den damals hauptsächlich aus diesen Kreisen stammenden Reisenden das Gefühl geben am „richtigen Ort“ einzutreffen. Interessant ist es, daß diese Architektur sich nicht mit bäuerlichen Motiven gemein macht, sondern eine eigene, dem neuen technischern Verkehrsmittel entsprechende Ausdrucksweise findet. Manches heutige Gebäude könnte sich da ein Beispiel nehmen.
Insofern handelt es sich bei den Hochbauten der Vinschgerbahn in Europa einmaliges Ensemble einer vergangenen Epoche, das komplett erhalten ist und Zeugnis der damaligen technischen und gestalterischen Kraft gibt. Diese Bauten tragen entscheidend zur baulichen Identifikation des Vinschgaus bei und verdienen es erhalten, sorgfältig restauriert und einer neuen angemessenen Nutzung zugeführt zu werden.
Der Bahnhof in Töll gehört zum Typ 2. Er muß wegen seiner abseitigen Lage einer sorgfältig überlegten Nutzung zugeführt werden. Da er unmittelbar an den Vinschger Radwanderweg angrenzt, ist eine Radstation mit Fahrradverleih, Reparatur und Bar gut denkbar. Eine gute Busanbindung nach Partschins ist die Voraussetzung für das künftige Funktionieren des Bahnhofes. Der Abbruch des hässlichen Wasserturms aus Beton wäre ein optischer Gewinn. Die Einrichtung eines Tourismusbüros für den unteren Vinschgau ist in diesem Bahnhof am „Eingang“ zum Vinschgau mit genügend Stellplätzen zu empfehlen.


Aktueller Zustand:
      in Bau (Umbau)
Für Publikum zugänglich:
      Ja
Baudaten:
      Inbetriebnahme: 01-07-1906
      Betriebsende: 02-06-1991
      AuftraggeberIn: Vinschgauer Bahn AG.(konstituiert aus der Bozen-Meraner Bahngesellschaft und den k.k. Staatsbahnen, konzessioniert am 7. Juli 1903)
      Projektant/Erfinder: Bauausführung durch das Wiener Lokalbahnamt. Entwurf Hochbauten unter der Leitung von Baurat Konstantin Ritter von Chabert
Panorama

Südtirol - Vinschgau

Bahnhofstr. 2
I-39020 Partschins / Töll




Anfahrt


Wegbeschreibung


Technik











Geschichte

Ursprünglicher Baubestand:
Von Marling bis Töll sind es 6,852 km. Dazwischen befinden sich drei Tunnel, der Marlingertunnel (598 m), der Josefsbergtunnel (581,5 m), eine Steinschlaggalerie (80 m) und der Tölltunnel (684 m). 150 m Höhenunterschied mussten überwunden werden. Der Bahnhof Töll liegt jenseits der Etsch ca. 1,5 km von der Ortsmitte Partschins entfernt – nur über eine sehr befahrene Kreuzung und die Etschbrücke erreichbar Für Anfahrt und Parken ist jedoch genügend Fläche vorhanden.
Das Aufnahmsgebäude geht von einem T-förmigen Grundriss aus. Der erdgeschossige Seitenflügel unter einem Satteldach nahm den Warte- und Schalterraum auf. Gleisseitig wurde eine hölzerne Loggia mit einem flachen Satteldachteil und einem Pultdachteil angeordnet. Der Zugang erfolgte strassenseitig unter einem hölzernen Vordach. Der zweigeschossige Querbau, ebenfalls unter einem Satteldach, diente für zwei Wohnungen der Bahnbediensteten. Das Gebäude wurde in verputztem Mauerwerk mit bossierten Lisenen und feinen Profilen ausgeführt. Die Giebelseiten der Obergeschosse des zweigeschossigen Bauteils strukturierte eine Fachwerkkonstruktion mit einem schön detaillierten hölzernen Balkon auf der Südseite. Die Giebelseite des eingeschossigen Bauteils wurde holzverschalt. Fenster- und Türen wurden mit kräftigen Lisenen gefasst und der Wohnteil erhielt bossierte Eckrisalite. Ein freistehendes, gemauertes und verputztes Toilettenhäuschen ergänzte das Aufnahmsgebäude. Westlich des Aufnahmsgebäudes wurde unter einem Satteldach ein relativ kurzes Lagergebäude – wiederum als reine Holzkonstruktion - auf einem Natursteinsockel errichtet. Es wies nur einen geschlossenen Lagerraum mit weit überkragenden Dachvorsprüngen auf. Südwestlich hinter dem Lagerschuppen wurde ein Wasserturm unter einem Satteldach errichtet. Er war ebenfalls gemauert und verputzt sowie mit dekorativen Profilierungen und Einfassungen der Zugänge versehen. Nach dem Übergang der Vinschgauerbahn an die italienische FS errichtete diese östlich hinter dem Lagergebäude einen klobigen Wasserturm aus Sichtbeton.





Kontakt

STA (Infrastruktur)
Gerbergasse 60
I-39100 Bozen
Tel: 0039-0471-312811
Webseite: http://
SAD (Fahrbetrieb)
Italienallee 6/N
I-39100 Bozen
Tel: 0039-0471-450111
Webseite: http://


Meilensteine

Vinschgauer Bahn AG.(konstituiert aus der Bozen-Meraner Bahngesellschaft und den k.k. Staatsbahnen, konzessioniert am 7. Juli 1903)
Heutige Eignerin: Infrastruktur: Land Südtirol / Gebäude: Land Südtirol, bis 2034 Nutzungskonzession für die Gemeinde Partischins



Fotogalerie

imgobAICm.jpgBahnhof Töll, Gleisseite
Töll - Einfahrt in den Vinschgau.
AutorIn/Copyright:Andreas Gottlieb Hempel, Brixen 2004
imgyNKhuq.jpgBahnhof Töll, Straßenseite

AutorIn/Copyright:Andreas Gottlieb Hempel, Brixen 2004
imgzvxyvj.jpgBahnhof Töll, altes Lagerhaus und italienischer Wasserturm

AutorIn/Copyright:Andreas Gottlieb Hempel, Brixen 2004


Literatur

Bahnhof Töll
Informationen und Zitate:
Bestandsaufnahme Vinschgerbahn durch die Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Landesverwaltung, Abtlg. Denkmalpflege unter dem Abtlg. Direktor Dr. Helmut Stampfer, Bozen, 2000
Carmen MÜLLER; ?Meran ?Mals, Vinschgau ? auf den Spuren einer stillgelegten Bahnstrecke? folio-, Verlag Wien Bozen, 2001
Hans WIESER, ?Bevor die Lok dreimal pfeift...? Gedanken zur Vinschgerbahn, Videodokumentation, RAI Bozen, 1997
Elisabeth BAUMGARTNER, ?Eisenbahnlandschaft Alt-Tirol?, Innsbruck, Haymon, 1990
Wittfrieda MITTERER Hrg. ?Zeitzeichen der Technik?, Edizione Raetia, Bozen, 1993
Hans-Jürgen und Carlo ROSENBERGER, ?Die Eisenbahnen in Südtirol?, Athesia, Bozen, 1993
?Nutzungskonzepte für verwaiste Bahnhöfe?, Text: Elisabeth BAUMGARTNER, Koordination: Wittfrieda MITTERER; Kuratorium für Technische Kulturgüter; Bozen, 2002

Auskunftspersonen:
Dr. Klaus KEMENATER, Geschäftsführer der STA, Bozen
Radames PANDINI, Bauabteilung der FS, Bahnhof Bozen, Planarchiv
Erscheinungdatum: 00-00-0000