Technische Beschreibung der Kohlererbahn |
29.11.1999 | |
Für die Inbetriebnahme der Seilschwebebahn von 1908 wurden 16 Stützen eingesetzt. Damit konnte der Höhenunterschied von 795 m bei einer max. Steigung von 42% entlang der 1.500 m langen Bahnlinie überbrückt werden. Die Kabinen, mit Platz für 6 Fahrgäste, verkehrten im Pendelverkehr mit einer Fahrgeschwindigkeit von 1,6 m/s. Die Antriebsvorrichtung war in der Talstation untergebracht. Eine Schwebebahn für Personen stellte eine technische Neuheit dar. Den Behörden fehlten jegliche Erfahrung bzw. Richtwerte für deren Betrieb. Daher wurden zusätzliche Verstärkungen und Sicherheitsvorkehrungen zur größtmöglichen Betriebssicherheit der Fahrgäste verlangt. Um diese Auflagen zu erfüllen, mussten Holzstützen des Lastenzuges durch Verstrebungen verstärkt und 6 der insgesamt 16 hölzernen Portalstützen gegen eiserne ausgetauscht werden. Die Funktion der Fangvorrichtung übernahm ein zusätzliches Tragseil (sog. Hilfsseil), das im Notfall Stoß und Zug einer herabfallenden Gondel mit 10facher Sicherheit auffangen sollte. Motor und Tragseile wurden von der Materialseilbahn übernommen und mit einem Seilwindenwerk kombiniert, das ein Überfahren der Endstellung in den Stationen verhindern sollte. Die 1913 neu errichtete Zweiseilpendelbahn benötigte 12 Metallstützen mit einer max. Höhe von 27 m. Auf diese Weise sollte der Höhenunterschied von 834 m überwunden werden. Die Stützen waren in Betonfundamenten verankert oder durch Steinschrauben mit dem Fels verbunden. Der Antriebsmotor, ein 85 PS starker Gleichstrom-Nebenschlussmotor, befand sich in der Bergstation, während die 18,5 t schweren Spanngewichte in der Talstation untergebracht waren. Die sicherheitstechnischen Neuerungen belegen den Qualitätssprung von der ersten zur zweiten Kohlererbahn: Als Entgleisungsschutz dienten spezielle Tragschuhe auf den Stützen, die sich horizontal und vertikal neigen konnten. So konnte ein problemloses Passieren der Fahrzeuge an den Stützen sichergestellt werden. Diese Vorrichtung wurde unter dem Namen ?Wälzlagertragschuhe? patentiert Die Schleuderbremse hatte die Funktion die Fahrzeuge an den Tragseilen festzuklemmen, falls diese die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Dem Antriebsmotor wurde eine Reserve-Akkumulatorenbatterie zur Seite gestellt, die eine Notversorgung des Antriebs sicherte. Sollten die Fahrzeuge auf der Strecke liegen bleiben, wurden sie auch per Handkurbel in die Stationen geholt. Falls auch diese Möglichkeit versagte, konnten die festsitzenden Fahrgäste in einem strapazierfähigen Sack aus Leinen und Leder über eine Bodenluke abgeseilt werden. Bei der Zweiseilpendelbahn von 1963 wird das Fahrzeug durch ein Zugseil auf Tragseilen im Pendelbetrieb bewegt. Ein- und Ausstieg erfolgt bei stehenden Fahrzeugen. Es werden 4 Stützen eingesetzt, um die 1.656 m lange Bahnlinie mit einem Höhenunterschied von 842 m zu überbrücken. Drei der insgesamt 4 Metallstützen stammen noch von der zweiten Kohlererbahn. Zur Überbrückung des Geländeknicks im obersten Trassenabschnitt wurden zwei über einen Betonbogen (mit 12 Laufrollen für das Zugseil) verbundene Pfeiler errichtet. Fahrzeuge: Weil die 1908 von der Simmeringer Wagenfabrik gefertigten Gondeln (mit einem Gewicht von 400 bis 500 kg) auch nach einem zweiten Versuch zu schwer waren, wandte sich Josef Staffler mit dem Auftrag an den Wagnermeister Thomas Peer. Als gelernter Kutschenbauer fertigte er nach dem Vorbild der leichten Kutschenbauweise zwei Gondeln aus Holz an. Die rechteckigen Wagenkästen entsprachen mit dem leicht abgeschrägten Boden und entsprechendem Wagendach formal der Schräge im Ein- und Ausfahrtsbereich der Stationen und erleichterten so Ein- und Ausstieg der Fahrgäste über die seitlichen Schwenktüren. Die offenen Kabinen waren mit je vier Sitzplätzen und ein paar Stehplätzen ausgestattet, die kurz nach Inbetriebnahme der Bahn in zwei weitere Sitzplätze umgewandelt wurden. Weitere Details, wie die als Dachbedeckung benutzte Plache und die Vorhänge im Wageninneren, verraten ihre Wurzeln im Kutschenbau. Diese lediglich 195 kg schweren Gondeln fanden Zustimmung beim Eisenbahnministerium und transportierten in den zwei Jahren ihrer Betriebszeit 105.000 Fahrgäste. Architekt August Fingerle aus München plante die Stationsgebäude. Er entschied sich für eine gestalterische Lösung, die die verschiedenen Funktionsbereiche separat behandelte und in einer von romantischen Stilelementen durchwachsenen Formensprache gehalten war. Die Talstation bestand aus einem dreiteiligen Gebäudekomplex, der an der Frontseite von einer überdachten Veranda ergänzt wurde. Die zur Bergseite hin offene Wagenhalle mit den schräg einlaufenden Seilen war in einem mehrgeschossigen Kubus mit Satteldachabschluss untergebracht. Die Einstiegsebene war treppenförmig angelegt, um den Fahrgästen den Zugang zu den Kabinen zu erleichtern. Hinter dem offenen Stationsbereich waren die Spanngewichte in einem eigenen Raum untergebracht. Ein anderer Raum diente als Magazin für die Lastenkabinen. Zudem verfügten die Berg- und die Talstation jeweils über einen Vorraum, einen Warteraum und einen Kassenraum. Analog zur Talstation war auch die Bergstation in verschiedene, von außen erkennbare Funktionsbereiche gegliedert. So war etwa die an drei Seiten offene Wagenhalle seitlich an das Hauptgebäude angegliedert. Arno Ritter verweist in seinen Ausführungen über die Kohlererbahn, ?dass zu jener Zeit der Umgang mit der neuen Bauaufgabe noch in historisierenden Formen erfolgte und die architektonischen wie funktionalen Möglichkeiten noch nicht spezifisch behandelt wurden.? |