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Baumwollspinnerei Kofler, Herrmann & CO, St. Anton-Bozen, 1848

Am 7. Januar 1847 erteilte das Tiroler Gubernium dem Bozner Handelsmann Franz Kofler die Genehmigung "...zur Errichtung einer Baumwollspinnerei..."
Am 7. Januar 1848 erfolgte - genau ein Jahr nach dder behoerdlichen Genehmigung - seitens der drei jungen Unternehmer Franz Kofler, Anton Welponer und Georg Herrmann, beim Bozner Merkantilmagistrat die offizielle Gruendung der Aktiengesellschaft "k.k. privilegirte Baumwollspinnerei Kofler, Herrmann & Co."

Quelle: „Zeitzeichen der Technik“, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993


Panorama

Als Fabriksgelaende wurde ein Areal in St. Anton bestimmt, neben dem Ansitz Klebenstein gelegen, der sich bereits im Besitz Koflers befand. Obwohl verkehrstechnisch nocht nicht erschlossen - die neue Sarntaler Strasse sollte erst in den 50er Jahren erbaut werden - war es ein durchaus geeignetes Fabriksgelaende: In der Naehe floss die Talfer vorbei, und dort befand sich auch der staedtische Zuflusskanal fuer die Ritschen und ein kleines Staubecken. Dieses galt es zu nutzen, um die noetige Kraft fuer das Antreiben der mechanischen Spindeln durch Turbinen zu erhalten. Denn es handelte sich hier um den ersten Industriebetrieb Suedtirols im eigentlichen Sinn, in dem naemlich ein Teil der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt wurde.

Geschichte

Geplant war die Inbetriebnahme von 13.500 Spindeln, doch die im Maerz ausbrechende 48er Revolution und die damit verbundenen jahrelangen krisenhaften Verhaeltnisse in Mitteleuropa verlangsamten den Ausbau betraechtlich, so dass 1850 erst 4.500 Spindeln in Betrieb waren. Auch fehlten die ausgebildeten Arbeitskraefte, die von auswaerts hergeholt und in Bozen untergebracht werden mussten, um einheimisches Personal anzulernen.
Ueberhaupt war der Betrieb vielen Schwankungen ausgesetzt. Da er voellig auf importierte Rohstoffe (Baumwolle) angewiesen war, war er internationalen Krisen wehrlos ausgeliefert. Bereits der Krimkrieg (1851-56), der sich doch im fernen Suedrussland abspielte, trieb die Rohstoffpreise derart in die Hoehe, dass das Endprodukt fast nicht mehr abzusetzen war. Ganz zu schweigen vom amerikanischen Sezessionskrieg (1861-65), der den Baumwollexport der Suedstaaten - der weltweit wichtigsten Produzenten - voellig zum Erliegen brachte.
Nachem 1866 Venetien zu Italien gekommen war, fiel der oberitalienische Absatzmarkt voellig aus, konnte jedoch 1867 nach Eroeffnung der Brennerbahn durch den Anschluss an den inneroesterreichischen und deutschen Markt kompensiert werden. Es ging also stetig, wenn auch mit Rueckschlaegen verbunden, aufwaerts: 1865 erfolgte die Umwandlung in die "Actiengesellschaft Mechanische Weberei, Baumwoll- und Filoselle-Spinnerei Bozen" unter dem Praesidenten Kofler und dem Vize-Praesidenten Welponer. 1868 wurde der Stauraum der Talfer erweitert und ein Notkanal errichtet, um den regelmaessigen Waserzufluss zu den Turbinen zu sichern;  der Plan stammte uebrigens von dem bekannten Bozner Stadtbaumeister Sebastian Altmann. 1870 wurde die Gasbeleuchtung eingebaut. 1886 erfolgte durch die Bezirkshauptmannschaft Bozen die behoerdliche Genehmigung zur "...Herstellung einer Dampfmaschinen-Anlage mit 2 Dampfkesseln und 2 Motoren mit Seilbetrieb...", die Maschine ging 1887 in Betrieb.
Am 17. Februar 1890 brach infolge eines Funkenfluges ein Brand aus, der mit Ausnahme der Dampfmaschine und der alten Weberei das gesamte Fabriksgebaeude zerstoerte. Der Wiederaufbau wurde sofort in Angriff genommen, durch Kreditaufnahme finanziert, und bereits am 28. Maerz 1891 wurde die Produktion wieder fortgesetzt. Ende Juni waren bereits 9132 Spindeln in Funktion. Im selben Jahr wurde bei Siemens eine Elektroanlage mit Wasserturbine geordert und eingebaut; damit war man technisch einen grossen Sprung vorausgeeilt. Doch erst der Bau der Etschwerke zu Beginn des 20. Jahrhunderts ermoeglichte die volle Elektrifizierung der Anlagen, den Abbau der stark rauchenden Dampfmaschine und die voellige Unabhaengigkeit von der damals noch ungebaendigten Talfer.
Im Wirtschaftsleben der Stadt spielte die Fabrik trotz anfaenglicher Bedenken eine wachsende Rolle. Der Name der Stadt wurde durch eine Kreation der Firma - das Bozner Tuch - in ganz Oesterreich, aber auch im Ausland bekanntgemacht. Ein Indiz fuer die Bedeutung des Unternehmens koennen wir aus dem Umstand ersehen, dass in den ersten Jahren des Bestehens der Handelskammer Bozen (1851-1901) drei der fuenf Handelskammerpraesidenten auch Direktoren respektive Praesidenten der Baumwollspinnerei waren und die Handelskammer ueber 32 Jahre lang leiteten. Auch in unserem Jahrhundert hatten leitende Persoenlichkeiten des Unternehmens dort wichtige Positionen inne, u.a. Dr. Anton Kinsele und Dr. Wilhelm von Walther. Der bedeutendste unter ihnen war sicherlich der Fabriksgruender, Franz Anton Kofler, der erste und langjaehrigste Handelskammerpraesident; fuer seine Verdienste um die Wirtschaft der Stadt und des Landes wurde er schliesslich von Kaiser Franz Josef I. mit dem Praedikat Edler zu Klebenstein in den Adelsstand erhoben.
Der 1. Weltkrieg und die daraus resultierende Annexion Suedtirols durch Italien brachte fuer die hiesige Wirtschaft grosse Umstellungsprobleme mit sich. Die Baumwollspinnerei hatte 1915 ihren Betrieb vollstaendig einstellen muessen, sei es wegen der Naehe zur Dolomitenfront, vor allem aber wegen des bald vòelligen Ausbleibens des Rohstoffes infolge der Blockade durch die Entente. Die Existenz des Unternehmens selbst schien in Frage gestellt, doch beschloss eine Aktionaersversammlung die Wiederaufnahme der Produktion, und bereits im April 1919 war es wieder soweit. In den 20er Jahren wurden sogar einige Bereiche der Spinnerei und Weberei erweitert und yudem auch neue Arbeiterwohnungen gebaut, uebrigens die einzige Arbeiterwohnsiedlung, die es in Suedtirol je gab. Die Firma wurde in Anpassung an das italienische Handelsrecht umgewandelt und nannte sich nun "Cotonificio di Bolzano, Società a garanzia limitata".
Option und 2. Weltkrieg bedeuteten fuer alle Unternehmen einen weiteren grossen Einschnitt, das traf v.a. auf die persoenliche Situation der jeweiligen Unternehmer bzw. Aktionaere zu, die mehr oder weniger alle in Dableiber und Optanten gespalten waren. Glechfalls gehoerte ein Grossteil der Belegschaft zu den Deutschland-Optanten; sie verliessen zum Grossteil die Heimat und mussten durch italinische Arbeiter ersetzt werden. Die Produktion selbst musste erst in den letzten Kriegsmonaten wegen Materialmangels voellig eingestellt werden. Kriegsschaeden durch Bombensplitter erlitt nur die Bozner Baumwollspinnerei, dabei kam auch ein Arbeiter ums Leben.
Grosse Veraenderungen bahnten sich allerdings in den Jahren nach 1945 an. Nach einer kurzen Stagnation in den ersten Nachkriegsjahren bestand allerorts ein grosser Aufholbedarf an Textilien. In den 50er Jahren beschaeftigte die Baumwollspinnerei 350 ArbeiterInnen, die an 12.000 Spindeln und 80 Webstuehlen verschiedene Garne und auch wieder das "Bozner Tuch" erzeugten. Die Handelskammerstatistik berichtet, dass 1957 649 Tonnen Baumwollgespinste hergestellt wurden, 1958 fiel die Produktion auf 414 Tonnen, um 1958 wieder auf 501 Tonnen zu steigen.

Fotogalerie

baumwollspinnerei.jpgBaumwollspinnerei
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwollspinnerei antriebsraeder dampfmasch.jpgAntriebsraeder der Dampfmaschine
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwollsp fabriksgeb 1848.jpgFabriksgebaeude
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle labor 1930.jpgLabor 1930
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle brand 1890.jpgBrand 1890
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle 1.jpg1949 - nach dem Oeffnen der aus Uebersee angelieferten Ballen wurde die Baumwolle durch eine Maschine gelockert und auf Rollen aufgewickelt
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle 2.jpg1949 - Baumwollfasern werden in der Karderie parallelgerichtet
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle 3.jpg1935 - Baumwollfasern werden auf Spulen aufgewickelt
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle 4.jpg1935 - der Baumwollfaden wurde durch die Appretur widerstandsfaehig gemacht und veredelt. Links im Bild die Trockenanlage
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993
baumwolle 5.jpg1940 - Der so praeparierte Faden kam von der Rolle zum Webstuhl
?Zeitzeichen der Technik?, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993