Eine der wertvollsten Grundlagen unserer Wirtschaftsgeschichte ist das von Peter Anich 1760 in Angriff genommene Kartenwerk, das Tirol in seinen Grenzen bis vor 1919 festhält. Erstmals wurde mit großer Genauigkeit eine topographische Aufnahme und trigonometrische Vermessung des Landes durchgeführt.
So bezeichnete Anich die „Orteles-Spitz“ als die „höchste im ganzen Land“. Die Karte, im Maßstab von 1:103800, war sehr detailliert und inhaltsreich, so dass heute zahlreiche Veränderungen, z. B. in der Nutzung von Wäldern oder Weideflächen, der Gletscherwanderung oder Erosion festgestellt werden können.
Anich hatte bereits vor der Vermessung Tirols einen von einem Uhrwerk angetriebenen Himmelsglobus von 1 m Durchmesser gebaut, auf dem 76 Sternbilder und 1862 einzelne Sterne dargestellt waren. „Ein Bauer dringt zu den Sternen vor“, steht auf dem Globus geschrieben. Anich starb 44jährig an den Folgen eines Schlaganfalls, nachdem er ein Jahr lang am Sumpffieber gelitten hatte, das er sich während der Vermessungsarbeiten südlich von Bozen geholt hatte. (aus: "Zeitzeichen der Technik“, Vittfrida Mitterer, Edition Raetia, Bozen 1993, Seite 25)
|
Nach Abschluss der vierjährigen Studien in Innsbruck trug Professor Ignaz von Weinhart Peter Anich auf, einen von einem Uhrwerk angetriebenen Himmelsglobus herzustellen; dieser (er hatte einen Durchmesser von ca. 1 m) erregte nach seiner Fertigstellung größtes Aufsehen, waren auf ihm doch 76 Sternbilder und 1862 einzelne Sterne aufgezeichnet.
Als Zweites erhielt er von seinem Lehrmeister den Auftrag, eine Karte des österreichisch-preußischen Kriegsschauplatzes zu zeichnen, die er in 17 Tagen vollendete und die nicht nur von den Gelehrten, sondern auch von den damals zufällig in Innsbruck anwesenden gefangenen preußischen Generälen bewundert wurde.
Nun konnte Anich mit seiner dritten großen Aufgabe beginnen: der Herstellung eines in Größe und Ausführung dem Himmelsglobus entsprechenden Erdglobus (1759). Seinen Himmelsglobus hatte er mit der lateinischen Widmungsinschrift „Ein Bauer dringt zu den Sternen vor" versehen; in das Zifferblatt seines Erdglobus gravierte er, ebenfalls in lateinischer Sprache, die stolzen Worte: „Nun vermisst er das Land, das er bebaut hat.“
Nebenbei befasste sich Anich auch mit der Herstellung von kleinen Globen, Taschen-Sonnenuhren und anderen „mathematischen Instrumenten“, zu deren Verkauf er 1757 eine Konzession erhielt. Um diese Zeit wurde die Grenze zwischen Tirol und Venedig neu vermessen, aus welchem Anlass Josef von Spergs eine Karte des Grenzgebietes zeichnete, die er noch für die ganze südliche Landeshälfte erweiterte. Als Spergs dann unerwartet nach Wien versetzt wurde, wurde Anich, nachdem er vorher noch als Probearbeit die Umgebung von Innsbruck vermessen und von diesem Gebiet eine Karte gezeichnet hatte, beauftragt, die Spergs’sche Karte durch Vermessung und Zeichnung der Gebiete Meran-Bozen –Klausen fertig zu stellen
Auf Grund dieser von Peter Anich mit größter Sorgfalt ausgeführten Arbeit wurde ihm im Februar 1760 von der Regierung der Auftrag erteilt, unter Weinharts Aufsicht eine Karte der nördlichen Landeshälfte herzustellen. Dabei ist festzustellen, dass damals das ganze Gebiet des Alpenhauptkammes zum nördlichen Tirol gezählt wurde. Zu dieser Zeit war es in der Kartographie noch üblich, nur die Verkehrswege auszumessen und die Orte längs dieser in möglichst maßstabrichtiger Entfernung einzutragen; das Übrige wurde nur nach Augenmaß gezeichnet. Auch v. Spergs hatte seine Karte von Südtirol noch in dieser Weise hergestellt. Anich wollte aber in seiner Karte vom nördlichen Tirol eine größere Genauigkeit erreichen und führte, mit zum größten Teil selbst erzeugten Geräten, eine Vermessung über das ganze Land durch, indem er, von einer Basislinie ausgehend, Winkelmessungen zu einigen Bergspitzen vornahm und von diesen weitere Berge anvisierte.
Dadurch erhielt er ein Dreiecknetz, das sich über ganz Nordtirol erstreckte und die Ausgangspunkte für die Detailvermessungen lieferte. Höhenangaben hat Anich in seine Karte zwar keine aufgenommen, er muss aber doch auch Höhenmessungen durchgeführt haben, da er die Wildspitze als den höchsten Berg Nordtirols erkannte, und da in seiner Karte die „Orteles-Spitz“ als „die höchste im ganzen Land“ bezeichnet ist.
Anich hatte bei dieser Arbeit mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihm seine misstrauischen Landsleute verursachten. Diese fürchteten nämlich, dass ihnen auf Grund dieser neuen Karte höhere Steuern auferlegt werden, ferner – und dies nicht zu Unrecht -, dass diese Karte den Feinden Tirols einen Einmarsch in das Land erleichtern könnte. Als die Karte nach dreijähriger Arbeit fertig gestellt war, wurde sie allgemein wegen ihrer hohen Genauigkeit und ihrer Richtigkeit bestaunt.
Die Wiener Regierung fand jedoch – wahrscheinlich aus drucktechnischen Überlegungen – den von Anich gewählten Maßstab (1:103800) als zu groß und beauftrage ihn, die Karte auf einen kleineren Maßstab umzuzeichnen. Anichs Einwand, dass die Karte bei ihrer Reichhaltigkeit an Klarheit und Übersichtlichkeit verlieren werde, wurde nicht berücksichtigt. Erst im folgenden Jahre, nachdem Anich in mühevoller Arbeit drei Blätter mit größter Sorgfalt neu gezeichnet hatte, wurde ihm Recht gegeben. Zugleich erhielt er den Auftrag, noch das südliche Tirol neu zu vermessen und seine ursprüngliche Karte um dieses Gebiet zu erweitern. Weiters wurde er aufgefordert, einen Gehilfen anzulernen.
Er wählte hiezu seinen Dorfgenossen Blasius Hueber, unterrichtete ihn in Mathematik und den Grundlagen der Kartographie und begann mit ihm das Gebiet südlich von Bozen zu vermessen. Die beiden mussten aber schon nach wenigen Tagen die Arbeit abbrechen und in die Heimat zurückkehren, da sie sich in dieser damals sumpfigen Gegend eine Erkrankung zugezogen hatten. Mehr als ein Jahr lag Anich schwer krank danieder; allmählich erholte er sich so weit, dass Hoffnung bestand, er könne seine Arbeit wieder aufnehmen; da traf ihn unerwartet ein Schlaganfall, an dessen Folgen er am 1. September 1766, in seinem 44. Lebensjahr starb.
Nach Anichs Tod beendete Blasius Hueber die noch unfertige Karte von Tirol; sie wurde von Josef Ernst Mansfeld im Maßstab 1:103800 auf 20 Blättern in Kupfer gestochen und erschien im Jahre 1774. wegen ihrer großen Genauigkeit (nach H. Hartl betragen die durchschnittlichen Fehler in der geographischen Länge nur ca. 1 km, die der geographischen Breite ca. 0,9 km), ihrer Reichhaltigkeit und ihrer künstlerischen Ausführung wurde sie weit über die Grenzen unseres Landes berühmt und diente in vielen Ländern – insbesondere in Frankreich – als Vorbild für deren dortige kartographische Arbeiten. Für die Vorbereitung ihres Einfalles nach Tirol ließ die französische Regierung im Jahre 1801 auf 6 Kupferplatten genaue Kopien im Maßstab 1:140000 anfertigen. Es zeigte sich, dass die Sorge der Tiroler Bauern um die Sicherheit ihres Landes nicht unberechtigt war.
|
Peter Anich entstammt einer Bauernfamilie aus Oberperfuß, wo sein Vater einen kleinen Bauernhof besaß, in dem Peter am 22.02.1723 geboren wurde. Er wuchs im väterlichen Hof auf, hütete als Knabe das Vieh und betrieb nach dem frühen Tod seines Vaters neben der Landwirtschaft noch eine Drechslerei. Schon in jungen Jahren interessierte er sich für Mathematik und Astronomie. Seine auf diesem Gebiete erworbenen Kenntnisse ermöglichten es ihm, an mehreren Bauernhöfen und auf der Kirche seines Heimatortes Sonnenuhren zu errichten, die teilweise noch heute erhalten sind.
Im Jahre 1751 – er war damals 28 Jahre alt – ging Peter Anich, wahrscheinlich auf Empfehlung seines sehr gebildeten Pfarrers, der wohl bis dahin in vielen Belangen sein Lehrmeister war, zum Professor für Mathematik und Astronomie an der Innsbrucker Universität, Jesuitenpater Ignaz von Weinhart, und erbat von ihm Unterricht in der Sternkunde. Professor von Weinhart erkannte Anichs außergewöhnliche Begabung und leitete ihn an, neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit systematisch unter seiner Führung Mathematik, Mechanik und Astronomie zu studieren. Vier Jahre lang ging nun Anich jeden Sonntag nach dem 3 Gehstunden entfernten Innsbruck, um Unterricht zu erhalten und so seinen Wissensdurst zu stillen.
Die Leistungen dieses außergewöhnlichen Mannes fanden allgemeine Anerkennung. Seine beiden, damals im Physikalischen Institut der Innsbrucker Universität aufgestellten Globen galten lange als die Hauptsehenswürdigkeiten Innsbrucks. Auch Kaiser Franz, der für Technik reges Interesse hatte, besichtigte sie, als er anlässlich der Vermählung seines Sohnes Leopold in Innsbruck weilte; voll Begeisterung spendete er diesem Werk sein Lob. Kaiserin Maria Theresia hatte Anich kurz vor seinem Tod eine goldene Ehrenmedaille mit ihrem Bildnis verliehen und ihm ein lebenslängliches Jahresgehalt von 300 Gulden ausgesetzt, das sie nach seinem Ableben, da er unvermählt gestorben ist, als Gnadengabe seiner Schwester anwies.
Aus Anlass des 200. Jahrestages seines Todes fand in seinem Geburtsort eine würdige Gedächtnisfeier statt. Die Österreichische Postverwaltung hat aus diesem Anlass eine „Peter-Anich-Gedächtnismarke“ mit seinem Bildnis herausgebracht. Verschiedentlich wurde das Leben dieses außergewöhnlichen Mannes auch literarisch bearbeitet. (aus „Tiroler Pioniere der Technik“, Ernst Attlmayr, Universitätsverlag Wagner, Innsbruck-München, 1968)
|